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Geheimsprache Arbeitszeugnis


enterprice

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Mein Chef hat mit den Entwurf eines Zwischenzeugnisses zugeschickt mit der Bitte die Aufgaben zu ergänzen, die er übersehen haben könnte.

Mal davon abgesehen, dass er das 'dir' kleingeschrieben hat, habe ich so das Gefühl, dass er mir mit diesem Zeugnis ganz und gar nicht 'alles Gute' für die Zukunft wünscht... :grr:

Wer von Euch hat mit Arbeitszeugnissen zu tun, kann sie beurteilen und mir Tipps für die Korrektur geben?

Natürlich habe ich mich auch schon mal ausserhalb des GSF schlau gemacht und habe folgenden Text gefunden (die Quelle weiss ich leider nicht mehr):

"Geheimsprache entschlüsseln

Mit dem eigenen Entwurf bastelt man sich selbst Fallstricke - denn kaum jemand kennt die spezielle Zeugnissprache, mit der zwar auf den ersten Blick die arbeitsrechtliche Forderung nach wohlwollenden Zeugnissen erfüllt wird, die sich jedoch bei genauerer Analyse als vernichtende Meinung entpuppen kann. Nicht nur wie etwas gesagt wird, sondern auch, in welcher Reihenfolge Fähigkeiten aufgezählt werden, oder dass etwas Wesentliches vielleicht gar nicht benannt wird, drückt eine Bewertung aus.

Aussagen und deren Bedeutung

Sehr gut: Durch Zusätze wie "stets", "jederzeit" oder "in jeder Hinsicht" und durch Superlative wird die Arbeit angepriesen. z.B. Herr/Frau... hat die ihm/ihr übertragenen Arbeiten stets zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Oder, die Leistungen haben in jeder Hinsicht unsere vollste Anerkennung gefunden.

Gut: Sowohl durch zeitorientierte Floskeln als auch durch klärende Adjektive wie "stets zur vollen Zufriedenheit" wird die Leistung des Arbeitnehmers für gut befunden. z.B. Er/sie zeigte stets Initiative, Fleiß und Eifer.

Befriedigend: Befriedigend ist ein Zeugnis, wenn entweder Zusätze wie "stets" oder beschreibende Adjektive verwendet worden sind. z.B. Er/Sie hat seine/ihre Aufgaben zur vollen Zufriedenheit /stets zu unserer Zufriedenheit erledigt. Oder, er/sie beherrschte seinen/ihren Arbeitsbereich umfassend.

Ausreichend: Soll nur Zufriedenheit bescheinigt werden, kann die Arbeitsleistung lediglich als hinreichend empfunden werden. z.B. Er/sie hat unseren Erwartungen entsprochen. Mit den Leistungen waren wir zufrieden. Die gezeigten Leistungen bewegten sich durchaus im Rahmen seiner/ihrer Fähigkeiten.

Mangelhaft: Grundtenor eines mangelhaften Zeugnisses ist die Aussage "Er/sie hat es versucht, ist aber gescheitert." Das wird gezeigt durch Formulierungen wie "... im großen und ganzen..", "im Wesentlichen", "teilweise", oder auch "war bemüht/bestrebt/willens". Im Klartext: Er/sie hat sich stets bemüht, die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen. Er/sie hatte die Gelegenheit, sich das notwendige Wissen anzueignen.

Negative Formulierungen

Ebenso negativ fällt es auf, wenn eigentlich selbstverständliche Eigenschaften in einem Zeugnis benannt werden: Er/sie war stets ein gutes Vorbild wegen seiner/ihrer Pünktlichkeit. Weitere negative Formulierungen sind: Mit seinen Vorgesetzten ist er/sie gut zurecht gekommen.

Ein biederer Mitläufer:

Er war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen.

Völlig unkooperativ:

Wir lernten ihn/sie als umgängliche(n) Kollegen/-in kennen.

Total unbeliebt:

Er/sie gab nie Anlass zu klagen.

Nichts Positives zu vermelden:

Wir haben uns im gegenseitigen Einvernehmen getrennt. Dem Arbeitnehmer wurde nach Absprache gekündigt.

Probleme mit Vorgesetzten:

Insbesondere die Schlussformeln erregen die Aufmerksamkeit der Personalexperten. Werden keine Wünsche für die Zukunft oder Dankesworte für die bisherige Zusammenarbeit ausgesprochen, hat der Bewerber meist schon verspielt.

Positive Formulierungen

Weitere sehr gute Bewertungen:

Wir danken Herrn/Frau ... für die stets hervorragende Zusammenarbeit.

Wir bedauern es außerordentlich, diese(n) ausgezeichnete(n) Mitarbeiter(in) zu verlieren.

Für seinen/ihren weiteren beruflichen Werdegang wünschen wir Herrn/Frau ... alles Gute, Glück und Erfolg.

Wir würden sie/ihn jederzeit wieder einstellen.

Weitere gute Bewertungen:

Mit Bedauern über sein Ausscheiden danken wir Herrn/Frau... für seine/ihre stets guten Leistungen.

Wir wünschen ... auf ihren weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.

Weitere befriedigend Bewertungen:

Wir danken für die gute Zusammenarbeit.

Wir wünschen Herrn/Frau .. für seine/ihre weitere Arbeit alles Gute."

Jetzt habe ich den Entwurf meines Zeugnisses mit dem Geheimsprachen-Text parallel gelesen und bekomme ein ganz übles Gefühl und weiss nicht so recht, was ich meinen Chef vorschlagen soll.

Wer will das mal Zeugnis lesen und mir qualifizierte Tips geben? :-D

Bearbeitet von enterprice
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Eigene Erfahrung:

Mein Chef bat mich, für ein Zwischenzeugnis meines Mitarbeiters den "Code" für "Ballernase" (trinkfreudig, montagsmüde...) zu eruieren; das Ergebnis lautete "kontaktfreudig" (kicher!). "teamkreativ" steht übrigens für "homosexuell". Noch Fragen?

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phu - da habe ich aber Glück, dass diese Worte nicht verwendet worden sind.. :-D

'Tolerant' ist auch immer wieder besonders schmeichelhaft.. :grins:

Wo hast Du denn den Code gefunden? Hast Du vielleicht entsprechende Links?

Bearbeitet von enterprice
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  • 7 Jahre später...

Moin, hab auch mal ne Frage :satisfied:

habe heute mein Zwischenzeugnis bekommen, und da steht öfters was über Loyalität.

Das Internet sagt mal es ist sehr Positiv, dann wieder negativ.

 

Folgende Formulierungen betriffts:

 

Herr XY beweist stets große Einsatzfreude und eine große Loyalität gegenüber unserem Unternehmen.

 

Er ist ein überaus loyaler Mitarbeiter, der sich sehr gut in das Team integriert. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden ist stets vorbildlich.

 

Schlusssatz:

Dieses Zwischenzeugnis wird aufgrund eines Wechsels in die Abteilung XX auf eigenen Wunsch erstellt.

Wir bedanken uns bei ihm für die in der Vergangenheit stehts guten Leistungen und freuen uns auf eine weiterhin positive Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

 

zu meiner Position:

Ich bin in einem kleinen Unternehmen mit flacher Hirachie quasi eine "ein Mann Abteilung" mit Zugriff auf vertrauliche Personal und Geschäftsdaten.

Bearbeitet von The Honk
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Hab in der Vergangenheit ca. 200 Arbeitszeugnisse (IT-Umfeld) geschrieben bzw. korrigiert (Unternehmen mit ca. 10.000 Mitarbeitern). Kann es gerne querlesen.

 

Tatsache ist, dass ein Zeugnis nicht nur deshalb manchmal (zu) negativ ausfällt, weil einem der Chef etwas Böses will, sondern weil die korrekte Zeugniserstellung durchaus kompliziert und mit Fallstricken versehen ist und nicht selten in Unternehmen nicht alle Verfasser über die ausreichenden Kenntnisse verfügen. Ich habe es durchaus erlebt, dass der Verfasser Gutes wollte, aber in Unkenntnis dann nicht ganz so Gutes geschrieben hat.

 

Es kommt einerseits auf die richtigen Formulierungen an und andererseits gibt auch immer der Umfang des Zeugnisses Auskunft darüber, wie gut oder schlecht man jemanden beurteilt. Dabei gilt i.d.R. je länger und ausführlicher ein Zeugnis, desto besser. Je kürzer, desto schlechter. Wobei es auch hier Ausnahmen geben kann.

Bearbeitet von Dirk Diggler
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Hi Dirk,

 

danke fürs Angebot,

Kenne mich recht gut aus damit, aber da war ich halt etwas Skeptisch.

Das Zwischenzeugnis ist 1 1/2 Seiten lang, was für ein Zwischenzeugnis ja schon viel ist.

 

Bin vor dem Zeugnis mit meinem Chef alle Zeugnisspunkte auf einer Bewertungsskala durchgegangen und er hat überall herausragend oder überdurchschnittlich angekreuzt (bei unwichtigeren sachen war auchmal ein "durchschnittlich" dabei.. "es muss ja noch Steigerungspotenzial geben" sagte er)

 

Wie gesagt, meiner meinung nach liegt es zwischen 2+ und 1-, nur das "loyal" hat mich irritiert da man es ja vorraussetzt. Formulierungen wie "Pünktlich" sind ja auch negativ.

 

Kann es ja am We mal einscannen bzw. Fotografieren und dir per PM schicken, hast damit ja mehr Erfahrung als ich :-)

Bearbeitet von The Honk
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Alles richtig. Qualifizierte Arbeitszeugnisse können in Abhängigkeit der Position (Führungskraft ja/nein), Stellung des AN im Unternehmen, spezielle Tätigkeiten etc. etc. durchaus Formulierungen aufweisen (müssen), die der individuellen Position, Stellung, Tätigkeiten Rechnung tragen.

 

Hat einer eine ganz besonders vertrauensvolle Stellung, Position, Tätigkeit inne oder inne gehabt, dann kann die Erwähnung der "Loyalität" durchaus angezeigt ggf. sogar unverzichtbar sein. Hat einer Umgang mit höheren Geldbeträgen (wie z.B. in Banken), dann kann oder ist ein Hinweis auf die besondere Korrektheit der Person wichtig und richtig sein. Und so weiter und so weiter. Ohne deinen Job zu kennen, würde ich die Erwähnung der Loyalität als nicht negativ, sondern positiv bewerten.

 

"Pünktlichkeit" ist im Gegensatz dazu wie Du schreibst eine Selbstverständlichkeit in jedem Job und sollte nicht im Zeugnis erwähnt werden. Wenn doch, ist das eher oder ganz negativ.

 

Jedes Zeugnis ist immer eine ganz spezielle Einzelfallbetrachtung mit ganz bestimmten, branchen-/stellungs-/positions/tätigkeitstypischen Beurteilungen.

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Und warum, verdammt nochmal, kann mans in so ein Scheiss Zeugnis nicht einfach so reinschrieben, dass es auch jeder lesen???

Ich versteh da irgendwie den Sinn dahinter nicht!!! :blink:

Das Problem ist, dass eine Zeugnis einerseits objektiv sein muss und andererseits dem AN nicht den weiteren Berufsweg "verbauen" darf. Und dieser Gradwanderung begegnen die AG mit diesen blöden Spezialformulierungen, die sich i.d.R. positiv lesen, aber nicht immer positiv sind, aber das eben nur für Eingeweihte und erst auf den zweiten Blick.

 

Ist natürlich dann, wenn man etwas negativ ausdrücken will, nur eine Verarschung derjenigen, die nicht zwischen den Zeilen lesen können. Der Rest kapiert es und geht, wenn er kann, dagegen vor.

 

Meist hat man als AN wenige Chancen, außer dem good will des Unternehmens, ein Zeugnis großartig ändern zu lassen, wenn es nicht wirklich deutlich daneben greift. Kleinere Änderungen sind meist möglich und kommt darauf an, wie man diese begründen und vorbringen kann.

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Das Problem ist, dass eine Zeugnis einerseits objektiv sein muss und andererseits dem AN nicht den weiteren Berufsweg "verbauen" darf. Und dieser Gradwanderung begegnen die AG mit diesen blöden Spezialformulierungen, die sich i.d.R. positiv lesen, aber nicht immer positiv sind, aber das eben nur für Eingeweihte und erst auf den zweiten Blick.

 

Ist natürlich dann, wenn man etwas negativ ausdrücken will, nur eine Verarschung derjenigen, die nicht zwischen den Zeilen lesen können. Der Rest kapiert es und geht, wenn er kann, dagegen vor.

 

Meist hat man als AN wenige Chancen, außer dem good will des Unternehmens, ein Zeugnis großartig ändern zu lassen, wenn es nicht wirklich deutlich daneben greift. Kleinere Änderungen sind meist möglich und kommt darauf an, wie man diese begründen und vorbringen kann.

 

Mit 1-2 guten Anwälten hat man als AN super Chancen. Dazu muss man entweder eine gute Rechtsschutz haben oder in der Gewerkschaft sein.  Ich habe hier persöhnliche Erfhrungen gemacht und gewonnen. Das Zeugnis musste genauso formuliert werden, wie ich es damals vorformuliert hatte (natürlich mit Unterstützung eines AW für Arbeitsrecht ;).  Ich habe jetzt alles genauso wie ich es wollte und eingereicht habe, Anwalt sei dank. In Eurer Sache wünsche ich Euch alles Gute. Lasst Euch nichts gefallen und sucht Euch professionelle Unterstützung, dann habt Ihr ein ganz anderes Standing ;) Wenn Ihr jedoch in dem Unternehmen weiterhin bleiben wollt, ist das natürlich nicht die Alternative der ersten Wahl.

Bearbeitet von Marc Werner
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Alles richtig. Qualifizierte Arbeitszeugnisse können in Abhängigkeit der Position (Führungskraft ja/nein), Stellung des AN im Unternehmen, spezielle Tätigkeiten etc. etc. durchaus Formulierungen aufweisen (müssen), die der individuellen Position, Stellung, Tätigkeiten Rechnung tragen.

 

Hat einer eine ganz besonders vertrauensvolle Stellung, Position, Tätigkeit inne oder inne gehabt, dann kann die Erwähnung der "Loyalität" durchaus angezeigt ggf. sogar unverzichtbar sein. Hat einer Umgang mit höheren Geldbeträgen (wie z.B. in Banken), dann kann oder ist ein Hinweis auf die besondere Korrektheit der Person wichtig und richtig sein. Und so weiter und so weiter. Ohne deinen Job zu kennen, würde ich die Erwähnung der Loyalität als nicht negativ, sondern positiv bewerten.

 

"Pünktlichkeit" ist im Gegensatz dazu wie Du schreibst eine Selbstverständlichkeit in jedem Job und sollte nicht im Zeugnis erwähnt werden. Wenn doch, ist das eher oder ganz negativ.

 

Jedes Zeugnis ist immer eine ganz spezielle Einzelfallbetrachtung mit ganz bestimmten, branchen-/stellungs-/positions/tätigkeitstypischen Beurteilungen.

 

Ich habe eine Apotheke mit knapp 10 Mitarbeitern und kann aus Erfahrung berichten, das ich meinen Eindruck einer Person aus dem Bewerbungsgespräch herauslese. Viele meiner Kollegen verwenden ohnehin keine Zeugnissprache bzw. verwenden Formulierungen die laut Code das gegensätzliche ausdrücken. Da mir ggf. Korrekturen auf Wunsch des Mitarbeiters missfallen würden, habe ich einen Standardtext der sehr positiv verfasst ist. Alternativ sollen sich die Mitarbeiter Ihr Zeugnis selbst schreiben und ich unterschreibe es. Alles andere ist in Kleinbetrieben Humbug. Und wenn ich Zweifel habe rufe ich ohnehin den vorherigen Arbeitgeber an und es wird Klartext gesprochen.

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jetzt mal ernsthaft - die Kiste mit ehemaligen Arbeitgebern kannste doch knicken. Ich hatte in meiner Laufbahn noch keinen Chef, der nicht mit ordentlich Knete gewedelt hätte um mich zu halten, wenn ich die Absicht geäußert habe den Laden zu wechseln. Was ich dann aber grundsätzlich getan habe (Geld ist ja nicht alles) und genauso grundsätzlich ist jeder dieser Chefs persönlich angepisst das ich gegangen bin. Und so jemanden willst Du ernsthaft fragen, was ich für ein Mitarbeiter war? Ich schätze die Menge an neutraler Aussagen gegen Null.

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